Das Altersheim

 In Kurzgeschichten

Es ist soweit, sagt meinen Mutter, der Ernst kommt. Du bist fertig mit der Schule und gehst jetzt ins Altersheim arbeiten.
Ich kann gar nichts dagegen unternehmen und ausserdem kenne ich den Ernst nicht.
Schon stehe ich da, mit einer hässlichen blauen Schürze die viel zu gross ist und muss mir auch noch die Haare zusammenschnüren mit einem Gummi, den ich nach Anweisung des Chefs von einer Arbeitskollegin erhalte,weil ich so was nicht besitze. Wie ich das hasse!!
Ständig sehe ich mein Spiegelbild in den grossen Fenstern und finde mich hässlich.
So, sagt die Chefin.Du gehst jetzt ins Zimmer zweiunddreissig die Dame waschen.
Lange, sehr lange brauche ich, um das Zimmer zweiunddreissig zu finden. In einem schneeweiss bezogenen Bett sitzt die zu waschende Dame und redet nichts. Sie klappert andauernd mit ihren dritten Zähnen.
Im kleinen Bad, dass zum Zimmer gehört, finde ich einen schneeweissen Lappen und ein Waschbecken aus Metall und flüssige Seife. Im Zimmer stinkt es so komisch-grässlich-säuerlich, dass ich reichlich von der Flüssigseife ins Waschwasser gebe.
So und nun, die Dame waschen. Aber wie geht sowas? Sie weiss es anscheinend und hebt ihr Nachthemd hoch. Ich fange an zu schrubben und die Dame fängt an zu schimpfen. Sie drückt mit ihrem zitterigen Finger auf einen schneeweissen Knopf, der sich an der schneeweissen Wand befindet.
Ein paar Momente später kommt die Chefin zur Tür herein und beginnt sofort zu schimpfen. Irgendwas von einem Intimbecken. Es muss etwas sehr schlimmes gewesen sein, denn sie war sehr wütend.
Die Chefin schickt mich in die Waschküche. Da stehe eine Bügelmaschine für die Leintücher und ich solle das machen gehen, sagt sie.
Wieder dauert es sehr lange , bis ich die Waschküche finde. Doch vom Ernst getrieben finde ich sie, im Keller. Und da steht es, das reisenden von einer Bügelmaschine.
Ich suche ein Leintuch, um es zu bügeln, finde aber keines.
Doch da sehe ich sie, eingeschlossen in einem Riesenmonster von einer Waschmaschine.
Wieder dauert es sehr lange, aber schliesslich schaffe ich es, die Tür zu öffnen.
Nun versuche ich ein Leintuch zwischen die übergrossen Walzen zu klemmen.
Die Walzen drehen sich unaufhörlich und es gibt ein Durcheinander. Vor lauter dickem Stoff kann sich die Walze nicht mehr drehen und der eingeklemmte Stoff wird heiss und immer heisser.und ich versuche das Leintuch heraus zu reissen. Es geht aber nicht und fängt an zu brennen.
Die Waschküche ist voller Rauch und der beginnt sich im ganzen Haus zu verteilen.
Die Chefin eilt herbei, um mit einem Kübel Wasser dem Brand ein Ende zu setzen.
Das erträgt die Maschine nicht und geht kaputt.
Ich sehe den Ernst, er steht auch in der Waschküche.
Beim Mittagessen wird kein Wort gesprochen und am Ende des Monats bekomme ich Wortlos keinen Lohn.
Jetzt habe ich zum ersten Mal Nachtdienst und bin ganz alleine und habe Angst und der Ernst hilft mir auch nicht.
Ich muss ganz viele bunte Pillen verteilen und verwechsle da und dort eine oder mehrere. Ein Herr schläft nachher zwei Tage lang und ich darf jetzt Fenster putzen und Böden polieren.
Die Bohnermaschine ist gross und schwer und schwierig zu bedienen und sie fährt mir auch noch über den Fuss. Ich habe starke Schmerzen und darf im Garten auf einer Bank sitzen und die Goldfische füttern. Die sterben alle, weil ich die Schachtel verwechselt habe. Auf der Schachtel hat es Bilder von lauter kleinen Insekten. Ich dachte, die Fischlein mögen sowas.
Der Chef und die Chefin reden nun tagelang nicht mehr mit mir. Sie schauen nur ganz ernst und ich darf in der Küche helfen der Köchin Kartoffeln zu schälen. Die Köchin fragt mich dabei allerhand und ich antworte immer schön brav. Nach drei Kilo Kartoffeln schälen weiss die Köchin über mich und meine gesamte Verwandtschaft bescheid.
Einige Zeit im Altersheim ist schon vergangen und ich darf zum ersten Mal mit der grossen Abwaschmaschine abwaschen. Das macht Spass, denn das Geschirr kann man einfach so hineinstellen. Und ich stelle einen Milchkrug mit flüssiger Abwaschseife hinein. Oje!!! Die Maschine rattert und surrt und der Schaum quillt aus allen Rillen und bald steht die ganze Küchenfrauschaft bis zu den Knien im Schaum. Bis zum Abend brauchen wir, um alles wieder zu putzen.
Der Chef und die Chefin flüstern sich etwas zu und ich weiss, dass sie vom Ernst reden. Sie schicken mich raus, um mit einem Altersheim Insassen Rollstuhl spazieren fahren zu gehen.
Am Bach entlang geht das ganz gut und ich erzähle dem Mann was es alles zu sehen gibt, denn er ist blind. Und dazu schläft er auch noch. Das sehe ich aber nicht und fahre über einen Stein. Der Mann fällt vom Rollstuhl und regelt die Böschung runter und landet im Bach.
Der Ernst hilft mir, den Mann wieder in den fahrenden Stuhl zu setzen.
Ich fahre den nassen und schmutzigen Mann nach Hause und alle schauen ganz komisch.
Ich habe eine neue Arbeit bekommen und darf den alten Menschen beim Essen helfen im Speisesaal. Einem alten Mann schmecken die süssen Birnen ganz besonders gut und ich helfe dabei, möglichst schnell und viel zu essen. Es verschluckt sich und wird ganz blau im Gesicht und der Notarzt muss gerufen werden.
Beim Betten machen bin ich zu langsam, beim rasieren schneide ich ständig daneben, die Pflanzen ertragen meine Gieskunst nicht, beim Zimmer putzen vergesse ich mal dies und mal das zu putzen und der Ernst ist überall.
Schliesslich darf ich im Büro Briefmarken aufkleben.
Auf dem Weg zum Briefkasten begegne ich einer Heimbewohnerin und die packt meine Oberarme und meint, die seien so richtig schön gebaut um auf dem Feld zu arbeiten.
Ich kündige und arbeite jetzt auf einem Bauernhof und der Ernst, der kann sogar lachen.

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